Der nächste Gast im Kraftpferd-Podcast ist Dr. Vivian Gabor. Vivian ist Biologin, promovierte Pferdewissenschaftlerin und verknüpft in ihrer Arbeit die Wissenschaft mit der Praxis. Ich selbst habe ihr Buch „Mensch und Pferd auf Augenhöhe: Pferdegerecht kommunizieren“ in einer Nacht verschlungen und freue mich sehr, mit ihr in dieser Folge über das Lernverhalten von Pferden und die Kommunikation mit ihnen zu sprechen. Viel Spaß beim reinhören!

Dr. Vivian Gabors Leidenschaft ist die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis. Ihr Spezialgebiet ist das Lernverhalten und die Kommunikation des Pferdes. An ihrem Institut für Verhalten und Kommunikation (IVK) in Einbeck bildet sie Pferdeverhaltenstrainer und pferdegestützte Therapeuten aus, um ihr Wissen an noch mehr Menschen weitergeben zu können. Neben der Ausbildung ist sie aber auch Autorin und betreibt rege Öffentlichkeitsarbeit zum Wohle der Tiere.

die Selbstwirksamkeit von Pferden

Die Selbstwirksamkeit von Pferden ist ein hohes Gut. Vivian Gabor selbst sieht sich als Fürsprecherin der stillen Pferde – denn allzu häufig ist es so, dass es sich bei diesen stillen Vertretern um Pferde handelt, die verlernt haben, sich aus Situationen zu befreien. Diese erlernte Hilflosigkeit wird oft falsch verstanden und als „Der/Die ist einfach sehr brav“ abgetan. Dabei liegt es in unserer Verantwortung als Besitzer dafür zu sorgen, dass wir unsere Pferde in einer Umgebung halten, in denen wir ihnen ihre Selbstwirksamkeit erlauben, in der sie eine Meinung haben dürfen und interessiert daran sind, Lösungen zu finden, statt Dinge nur zu ertragen.

Die Geschichten von Pferden, die sich nach einem Kauf oder einer Rettung nach wenigen Wochen in der neuen Umgebung komplett verändern, kennen viele von uns. Am Anfang ist noch alles gut, dann verändern sich die Pferde und zeigen Verhaltensauffälligkeiten oder sogar Krankheiten. Wie auch der Mensch ist ein Pferd ein Gewohnheitszier, dass sich an Routinen anpasst – mental aber auch physisch. In einer neuen Umgebung, mit einem neuen Handling bedeutet das, dass sich das Pferd ganz neu anpassen muss und in dieser Zeit fallen sie manchmal in eine in sich gekehrte „passive Bewältigungsstrategie“. Endet dieser Prozess, beginnen Pferde neue Verhaltensweisen zu zeigen – und hier liegt es am Besitzer, darauf vorbereitet zu sein.

Pferd zu sein bedeutet auch, sich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen und mit dieser zu agieren, also auch einfach mal „NEIN“ zu sagen. Das ist normal und als erstes sollte man sich als Besitzer die Frage stellen „Warum ist das so? Warum hat mein Pferd hier Angst, warum möchte es XY nicht?“. Es gilt, Ursachen zu finden statt Symptome zu bekämpfen und neutral liebevoll mit seinem Pferd zu arbeiten, es auf die Welt vorzubereiten. Ziel dieses Weges, den ihr gemeinsam geht, ist kein Pferd mit ausgeprägtem Kadavergehorsam, sondern ein Pferd, dass nicht mehr „NEIN“ sagen muss. Grundlage dafür ist es, die Bedürfnisse des Pferdes zu verstehen und es nicht zu vermenschlichen.

„Jeder bekommt das Pferd, das er braucht.“

Die richtige und wertvolle Kommunikation mit Pferden ist nicht immer einfach. Jedes Pferd bringt andere Herausforderungen mit sich – und das eigene Pferd stellt einen Besitzer oftmals vor ganz besondere Hürden.  Im Umgang mit dem eigenen Pferd steht dem Besitzer oft die eigene emotionale Bindung zum Tier im Weg, die der wichtigen Neutralität im Weg steht. So wie wir auf unser Pferd reagieren, reagiert es im Umkehrschluss auch auf uns. Und schon kleine Spannungen und Erwartungshaltungen können zu Fehlkommunikation führen. Die eigenen Signale, die man aussendet, sicher an- und abschalten zu können ist eine Übungssache und nicht immer leicht. Umso wichtiger ist es, dich immer wieder selbst zu hinterfragen und zu reflektieren – Spürst du, was du ausstrahlst? Welche Erwartung hast du gerade? Hast du deine eigene Energie unter Kontrolle?

Es gilt aber auch, dich selbst zu sensibilisieren und zu erkennen, warum dein Pferd etwas bestimmtes tut, ohne es zu vermenschlichen (Stichwort: „veräppeln“ und „Grenzen testen“). Ein guter Trainer kann dir genau dabei helfen, mögliche Fehlerquellen in der Kommunikation zu finden und die Bedürfnisse deines Pferdes besser zu berücksichtigen.

Deine

Vicky Hollerbaum

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