In dieser Folge geht es um die Biotransformation, die im Körper deines Pferdes abläuft, sobald es ein Futtermittel, ein Medikament oder halt ein Kraut aufnimmt. Diese vergleichsweise theoretische Folge wird dir einen interessanten und wichtigen Einblick in den Stoffwechsel deines Pferdes geben und dir klarmachen, warum unser Konzept vom Anfang so wichtig ist und wie Kräuter und Co tatsächlich im Körper wirken (oder halt auch nicht):
3 Phasen der Biotransformation
1. pharmazeutische Phase
In der ersten Phase der Biotransformation werden Inhaltsstoffe aus Futtermitteln, Kräutern oder auch Medikamenten gelöst. Diese Wirkstoffliberation geschieht zum Beispiel durch mechanische Vorgänge (Kauen) oder die Extraktion in Flüssigkeiten (Speichel, Magensaft, Darmsaft).
2. pharmakokinetische Phase
Die pharmakokinetische Phase umfasst den Transport der in der ersten Phase herausgelösten Inhaltsstoffe über die Blutbahn zur Leber und anschließend zum Zielorgan/Gewebe.
3. pharmakodynamische Phase
Die letzte Phase der Biotransformation umfasst die tatsächliche Wirkung der umgewandelten Prodrugs in aktive Drugs am Zielorgan oder im Blut/Gewebe. Sie kann erst beginnen, wenn ein bestimmter Gehalt an Wirkstoff im Blut vorliegt.
Für eine erfolgreiche Biotransformation ist es also wichtig, dass…
- Kräuter richtig verabreicht werden, um das Herauslösen der Inhaltsstoffe zu gewährleisten.
- die Dosierung der Kräuter stimmt, damit genug wirksame Inhaltsstoffe im Körper aktiv werden können.
- die Dosierung auch auf das Pferd und seinen Gesundheitszustand abgestimmt ist. Ein gesunder Organismus löst effektiver Inhaltsstoffe und wandelt diese besser um, als ein angeschlagener Organismus.
Noch mehr Informationen zum Thema erhältst du in der Podcast-Folge #05 Die Biotransformation. Außerdem kannst du dir meinen Beitrag dazu in voller Länge hier noch einmal durchlesen:
Herzlich Willkommen zum fünften Teil der Miniserie Phytotherapie beim Pferd!
In der letzten Folge hast du erfahren, wie Kräuter verabreicht werden können. Und in dieser Folge erwartet dich nun der spannende Einblick in die Biotransformation, die letztendlich dafür verantwortlich ist, dass unsere Kräuter ihre Wirkung entfalten. Das hört sich jetzt noch ein bisschen trocken an, ist aber super spannend und wissenswert. Denn die Biotransformation gilt nicht nur für die Phytotherapie sondern betrifft die komplette Verdauung und den Stoffwechsel des Pferdes. Und somit auch die Umwandlung von Hafer, Heu, Mineralfuttter und Co.
Ich werde dir die drei Phasen der Biotransformation erklären. Du wirst einmal den ganzen Prozess vom Kauen bis zur Wirkung des Krautes durchleben. Zum kurzen Überblick hier einmal die drei Phasen: Wir beginnen mit der pharmazeutischen Phase, dann folg die pharmakokinetische Phase und zum Schluss die pharmakodynamische Phase.
Beginnen wir also mit der pharmazeutischen Phase. Stell dir vor, du hast für dein Pferd ein tolles Therapiekonzept erstellt, gibst die ausgesuchten Kräuter in die Futterschüssel für dein Pferd und es beginnt, diese Kräuter zu fressen. Dein Pferd kaut die Kräuter und jetzt passiert schon ganz viel. Durch den Speichel und den Kauvorgang werden die Wirkstoffe freigesetzt, man spricht hier von der sogenannten Wirkstoffliberation. Dieser Vorgang könnte auch im Voraus schon geschehen sein, wenn du die Kräuter beispielsweise mit heißem Wasser oder einem anderen Extraktionsmittel übergossen hast. Hier im Maul können daher schon die ersten Wirkungen entstehen. Die Durchblutung kann angeregt werden, Wirkstoffe können dafür sorgen, dass mehr Speichel produziert wird und auch ätherische Öle werden schon freigesetzt und aufgenommen. Werden die Kräuter nun abgeschluckt, gelangen sie in den Magen. Auch hier werden Inhaltsstoffe durch den Magensaft aus dem aufgeweichten Speisebrei herausgelöst. Um in die zweite Phase der Biotransformation zu kommen, müssen die Inhaltsstoffe in den Blutkreislauf übergehen. Die pharmakokinetische Phase startet also im Darm. Die Inhaltsstoffe werden durch die Lipidbarriere des Darms in das Blut geschleust. Dieser Übergang passiert übrigens leichter, wenn die Wirkstoffe an ein bisschen Fett gebunden sind. Deshalb macht es Sinn, dem Futter ein bisschen Öl beizumischen. Gelangen die Inhaltsstoffe nun in die Blutbahn, werden sie von Blutplasmaproteinen aufgenommen und durch den Körper transportiert, wobei sich die gebundenen Stoffe auch nach und nach wieder von diesen Eiweißen lösen. In der Leber werden dann alle Inhaltsstoffe kontrolliert und umgewandelt. Sie entscheidet, ob es sich um „gute“, bzw. dem Körper dienliche Inhaltsstoffe handelt oder ob ein „böser“, dem Körper undienlicher Inhaltsstoff schnell an die Niere weitergeleitet und ausgeschieden werden muss.
Bis hierhin sind unsere Wirkstoffe noch sogenannte Prodrugs (inaktive pharmakologische Stoffe), die erst in aktive Drugs (aktive pharmakologische Stoffe) umgewandelt werden. Erst diese aktiven Drugs können an ihrem Zielorganen oder im Blutkreislauf ihre arzneiliche Wirkung entfalten. Damit beginnt dann auch die entscheidende und wichtige pharmakodynamische Phase. Hier ist es wichtig zu verstehen, dass die Wirkung unserer umgewandelten, aktiven Inhaltsstoffe erst in Kraft tritt, wenn der passende Wirkstoffgehalt im Blut erreicht ist. Wenn du nun also zu wenig Thymian an dein Pferd fütterst oder der Thymian selbst nicht ausreichend Inhaltsstoffe enthält, bleibt die Wirkung aus, auch wenn die ersten zwei Phasen der Biotransformation erfolgreich waren. Deshalb ist es wichtig, eine gute Qualität zu wählen und ausreichend hoch zu dosieren, genauso, wie wir uns an die Packungsbeilagen von Medikamenten halten.
Die Dosierung von Kräutern ist aber auch immer individuell vom Pferd abhängig. Eine gesundes, fittes Pferd kann aus verabreichten Kräutern wesentlich mehr Inhaltsstoffe herauslösen, als ein Pferd mit Problemen im Verdauungsapparat oder der Leber. Für diese Einschätzung benötigt man sicher ein wenig Fingerspitzengefühl und Beobachtungsgabe. Im Allgemeinen ist es aber ratsam, sich an die Mindestempfehlung zur Dosierung zu halten und im Zweifel die Dosierung an die Maximalempfehlung anzupassen.
Ich hoffe, du konntest aus dieser Folge ein paar Aha-Momente mitnehmen und verstehst nun die Verstoffwechslung der Kräuter und kannst besser nachvollziehen, was im Pferdeköper passiert, wenn es ein Futtermittel oder ein Medikament aufnimmt. Wenn du noch Fragen dazu hast, melde dich gern bei mir. In der nächsten Folge gehe ich dann auf das Thema „Risiken und Nebenwirkungen“ ein. Sei gespannt und bis bald.