Auch wenn die Phytotherapie durchaus risikoarm ist, kann es natürlich zu unerwünschten Reaktionen und Nebenwirkungen kommen, wenn dein Pferd über Kräuter arzneiliche Stoffe aufnimmt und verstoffwechselt. In welchen Fällen du besonders vorsichtig sein und welche Umstände du beachten solltest, erfährst du in dieser Folge. Hier bekommst du die Fakten noch einmal zusammengefasst:
Vorsicht mit der Kräutergabe bei Pferden, …
1. … die dir unbekannt sind.
Je mehr Informationen du zu einem Pferd hast, desto besser und sicherer kannst du dein Konzept erstellen. Informiere dich so gut es geht über das Alter, Vorerkrankungen, Haltungsbedingungen, Symptomen, den allgemeinen Gesundheitszustand. Lasse besondere Vorsicht walten, wenn dir Informationen fehlen oder dir Unstimmigkeiten auffallen.
2. … die alt sind.
Bei alten Pferden sollte immer im Blick gehalten werden, wie viel dem Körper gerade zugemutet werden kann. Während der Wetterwechselzeit in Frühjahr und Herbst ist es angebracht, den Kreislauf zu unterstützen. Anstrengendere Therapien wie eine Nieren- oder Leberkur sind eher in andere Zeiten zu planen und das Pferd natürlich immer sorgsam zu beobachten.
3. … die übergewichtig sind.
Übergewichtige Pferde haben oftmals einen bereits belasteten Stoffwechsel, der nicht optimal funktioniert. In den Fettdepots können Schadstoffe eingelagert sein, die bei der Freisetzung den Körper zusätzlich belasten.
4. … die trächtig sind oder ein Fohlen säugen.
Stuten sollten so optimal vorbereitet wie möglich in die Trächtigkeit geschickt werden. Während der Trage- und Säugezeit sind Kräuter außer in Notfällen und in Absprache mit dem Tierarzt aber tabu!
5. … die im Turniersport laufen.
Einige Kräuter sind dopingrelevant und sollten daher bei Turnierpferden nicht, bzw. bei entsprechender Einhaltung der Wartezeit verabreicht werden.
6. … die Medikamente bekommen.
Wie zwischen Medikamenten untereinander kann es auch zwischen Inhaltsstoffen von Kräutern und Medikamenten zu unerwünschten Wechselwirkungen kommen. Insbesondere Kräuter, die den Leberstoffwechsel anregen, können zur Wirkungsminderung von Medikamenten führen.
Noch mehr Informationen zum Thema erhältst du in der Podcast-Folge #06 Risiken und Nebenwirkungen. Außerdem kannst du dir meinen Beitrag dazu in voller Länge hier noch einmal durchlesen:
Willkommen zurück in der Miniserie Phytotherapie beim Pferd!
Heute gibt es schon die vorletzte Folge unserer Phytoserie. In der vergangenen Folge hast du einen Einblick in den Stoffwechsel des Pferdes und die Biotransformation erhalten. Heute möchte ich dir ein paar Informationen und Gedanken über Risiken und Nebenwirkungen der Phytotherapie mitgeben. Ich will mit dieser Folge niemanden beunruhigen oder Angst machen, sondern vorsorgliche Hinweise geben und auf besondere Umstände aufmerksam machen. Es gibt nämlich wie bei jeder Therapie auch bei der Gabe von Kräutern bestimmte Dinge zu beachten.
Wenn ich als Therapeutin ein Konzept ausarbeite, schaue ich mir ganz genau an, was für ein Pferd mir da gegenübersteht. Handelt es sich um junges oder ein altes Pferd? Hat es Vorerkrankungen? Unter welchen Rahmenbedingungen lebt es? Das betrifft nicht einmal nur den Stall oder die Weide sondern zum Beispiel auch das aktuelle Wetter. Ist es besonders kalt, besonders warm, welche Umweltbedingungen können gerade negativen Einfluss nehmen. Dann sehe ich mir die Symptome des Pferdes an. Hat es offensichtliche Krankheitssymptome wie Husten, Verdauungsprobleme oder aber auch weniger eindeutige Probleme wie Stress? Außerdem möchte ich wissen, ob es vor kurzem schwere Krankheiten gab, wie eine Kolik oder eine Hufrehe, damit ich entsprechend behutsam und angepasst Kräuter auswählen kann.
Auf Grundlage aller Beobachtungen und der Anamnese versuche ich, schnell im Sinne des Pferdes zu handeln und zusammen mit dem Besitzer Lösungen für Probleme zu finden. Je besser der Besitzer sein Pferd kennt, desto besser wird auch mein Konzept sein. So würde ich beispielsweise ein Pferd, das vor kurzem Fieber oder einen Infekt hatte, nicht gerade akut mit einer Leberkur belasten. Das Pferd soll mit den Kräutern, die wir in guter Absicht geben, schließlich nicht überfordert werden. Je gesunder und fitter ein Pferd ist, desto besser funktioniert die Verarbeitung der Kräuter. Hat das Pferd jedoch zum Beispiel Kotwasser oder Magengeschwüre, sprich definitiv ein Problem mit dem allgemeinen Stoffwechsel, dann plane ich das entsprechend in das Konzept mit ein.
Genauso sorgfältig gehe ich bei übergewichtigen Pferden vor. Im Fettgewebe ist der Stoffwechsel verlangsamt, oftmals kommt es zu Entzündungen in den einzelnen Bindegewebsschichten und in den Fettdepots können sich Schadstoffe einlagern. Ich plane also ein, dass der Stoffwechsel nicht hundertprozentig funktioniert und eher träge ist und sich aus den Fettdepots Toxine freisetzen können, die den Körper zusätzlich belasten werden. Weitere Beispiele, bei denen ich ein besonderes Augenmerk auf die Situation habe, sind zum Beispiel übermäßig rossige Stuten oder sehr hengstige Wallache, bei denen das Hormonsystem auffällig ist. Oder Pferde, die grundsätzlich fühlig laufen und daher vielleicht an einer beginnenden Hufrehe leiden. Vorsichtig bin ich außerdem bei Pferden, die bereits allergische Reaktionen gezeigt haben oder zur Nesselsucht tendieren. Selbst wenn ich es als Therapeut noch nie erlebt habe, dass auf meine Kräutergabe hin mit Quaddeln reagiert wurde, möchte ich dies dennoch grundsätzlich erwähnen. Vorsichtig bin ich auch bei der Gabe von Kräutern, die fotosensibel machen, wie zum Beispiel Buchweizen. Und falls es sich beim Patienten um ein Pferd handelt, dass auf Turniere geht, muss die Dopingrelevanz bestimmter Kräuter (z. Bsp. Baldrian) ebenfalls beachtet werden.
Ein absolutes Tabu für mich sind jedoch tragende Stuten. Besitzt du eine Stute und planst, aus ihr ein Fohlen zu ziehen, solltest du versuchen, sie so optimal vorbereitet und gesund wie möglich in die Tragezeit zu schicken. Viele Kräuter sind insofern schwierig, da sie die Gebärmutter anregen und natürlich durch den gemeinsamen Blutkreislauf immer auch auf den Fötus wirken. Im Notfall können bestimmte Kräuter in Absprache mit dem Tierarzt gegeben werden, auf eigene Faust würde ich hier jedoch nicht handeln. Auch während der Zeit, in der das Fohlen bei Fuß läuft und gesäugt wird, sollte vorsichtig mit Kräutern umgegangen werden. Die Milch ist quasi ein Ausscheidungsprodukt und kann entsprechende Toxine, die beispielsweise aus der Leber der Mutter gelöst werden, enthalten.
Eine besondere Vorsicht lasse ich auch bei sehr alten Pferden walten. Hier muss darauf geachtet werden, was dem Pferd tatsächlich noch zugemutet werden sollte. Gerade, wenn das Pferd vom Kreislauf her nicht mehr so stabil ist, würde ich in der Zeit von starken Temperatur- und Wetterwechseln sehr vorsichtig Kräuter verabreichen. Abgesehen natürlich von Kräutern, die den Kreislauf unterstützen und vitalisierend wirken. Aber eine Leberkur würde ich in solchen Fällen in günstigere Zeiten verschieben und das Pferd währenddessen sorgsam beobachten.
Falls parallel zur Kräutergabe auch Medikamente gegeben werden, das Pferd zum Beispiel Tabletten gegen Cushing bekommt, könnte es zu unliebsamen Wechselwirkungen kommen. Regen wir durch unsere Leberkräuter, wie zum Beispiel Ratanhiawurzel, in der Leber die Herstellung der Cytochrom P450-Enzyme an, können Arzneistoffe schneller von der Leber verstoffwechselt und die Wirkung so gemindert werden.
Bist du selbst Therapeut, möchte ich dir noch mit auf den Weg geben, besonders vorsichtig zu sein, wenn du das Gefühl hast, dass der Besitzer dir Informationen vorenthält oder einfach nicht hat. Bei einem neu gekauften Pferd sind manche Vorerkrankungen vielleicht gar nicht bekannt. Aber auch, wenn das Gefühl hast, dass das Gesamtbild nicht so richtig zusammenpasst, sei lieber vorsichtig in deiner Beratung.
Was kann noch passieren, wenn du die falschen Kräuter gibst?
Die allergischen Reaktionen habe ich bereits erwähnt. Natürlich können Giftpflanzen schlimme Auswirkungen wie Leber-, Nieren- oder Herzversagen auf dein Pferd haben. Daher solltest du dir insbesondere bei selbstgepflückten Pflanzen absolut sicher zwecks der Unbedenklichkeit sein, wenn du diese an dein Pferd verfütterst. Auf der sicheren Seite bist du, wenn du Kräuter bei dem Händler deines Vertrauens kaufst und wie bereits mehrfach erwähnt sinnvolle Konzepte erstellst und dein Pferd während der Therapie aufmerksam beobachtest.
Hast du Anmerkungen zur Folge oder hast schon Erfahrungen mit Kräutern gemacht, über die du mit mir sprechen möchtest? Dann melde dich gern bei mir!