Im heutigen Podcast habe ich wieder Tanja Deinlein von der ReitFütterungsBeratung zu Gast und wir sprechen gemeinsam über das Thema Kotwasser. Kotwasser ist ein Symptom, dass immer wieder auftritt und zum echten Problem werden kann, weil sich die Suche nach der Ursache manchmal als sehr schwierig darstellt. Wir wollen dir einige Hinweise und Tipps mit auf den Weg geben, wie du effektiv vorgehst, wenn dein Pferd immer wieder mit Kotwasser zu tun hat.
Mein Gast, Teil des Kraftpferd Kollegenzirkels und Absolventin des „Phytotheraphie und Psychosomatik“-Kurses: Tanja Deinlein. Die studierte Pferdewissenschaftlerin beschäftigt sich dabei nicht nur mit der Pferdeernährung und Fütterungsberatung, sondern unterstützt auch als Trainerin Pferde und Reiter.
Was ist Kotwasser?
Kotwasser ist nicht mit Durchfall oder breiigem Kot beim Pferd zu verwechseln. Unter Kotwasser versteht man das Symptom, dass sich durch das Absetzen von Flüssigkeit aus dem Darm darstellt. Das kann vor oder während des Absetzens von Kot passieren, aber auch ohne Kotabsatz und mit oder ohne zusätzliche Gasung geschehen. Kotwasser besteht dabei nicht nur aus Wasser sondern beinhaltet Speichel, Magen-, Dünndarm und Bauchspeicheldrüsensekrete.
Bei starken Durchfällen oder dauerhaft sehr breiigem Kot ist immer und zeitnah ein Tierarzt oder Tierklinik hinzu zu ziehen, da hier auch mit vermehrtem Elektrolyteverlust zu rechnen ist.
Immer wieder auftretendes Kotwasser sollte jedoch auch nicht als „normal“ angesehen werden. Kotwasser ist nicht nur ein kosmetisches Problem der Verunreinigung von Schweif und Hinterbeinen. Es mindert die Leistungsfähigkeit des Pferdes und ist wahrscheinlich immer mit Bauchschmerzen, verspannter Muskulatur und Unwohlsein verbunden.
Kotwasser, das während des An- oder Abweidens oder nur in wenigen Tropfen auftritt, kann als „normal“ angesehen werden. Tritt Kotwasser länger als sechs Wochen am Stück auf, sollte sich dringend auf die Suche nach der Ursache gemacht werden. Kotwasser ist ein Symptom, dass irgendwo anders etwas nicht stimmt.
Kotwasser kommt selten allein
Primärerkrankungen und häufige zusammen auftretende Auffälligkeiten:
- Koliken
- Empfindlichkeiten im Darmbereich, Sattellage und Gurtlage
- Aufgasungsneigung
- Gewichtsverlust, schlechtes Fressverhalten, kein Appetit
- Auffälliger Heißhunger auf Gehölze, auffälliger Heißhunger auf Gerb- und Bitterstoffe
- Kotfressen
- Lecksucht Salz
- Auffällige Leberwerte
- Lethargie
- Infektneigung
- Husten
- Verhaltensauffälligkeiten beim putzen, satteln, eindecken
- Muskelhärte
- unklare Lahmheiten
- Leistungsschwäche
- Aggression
- Trageershöpfung
- Pseudoekzem
- Hyperoxidation
Kotwasser ist…
- keine Diagnose sondern eine Zustandsbeschreibung
- keine Krankheit sondern ein Symptom
- Flüssigkeit, die im Darm verbleibt statt resorbiert zu werden und vom Körper ausgeleitet und ausgeschieden wird
- höchst selten ein Problem der Darmflora – meist liegt das Problem weiter vorn im Magen oder Dünndarm, wird jedoch im Dickdarm kompensiert
- immer ursächlich zu behandeln
Kotwassertagebuch
Um einen Überblick zu bekommen, kann das Führen eines Kotwassertagebuchs hilfreich sein. Notiere dir pro Tag, ob dein Pferd Kotwasser hatte und wie viel, wie das Wetter an diesem Tag war, ob ein Futterwechsel stattfand (neuer Heuballen, neues Zusatzfutter, Kraftfutter, Mineralfutter), wie die Bewegung aussah usw.
Checkliste zur Ursachenforschung
Praxistipps
- Arbeite die Checkliste ab, um die Ursache des Kotwassers herauszufinden und die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit zu ergreifen.
- Natürlich kannst du dein Pferd mit verschiedenen Produkten unterstützen, diese sollten jedoch nie dauerhaft und immer nach der Herstellerangabe verabreicht werden.
- Um das Leid deines Pferdes im Notfall zu lindern kannst du eine Mischung aus Leingranulat, Pektinen (Apuna, eingeweichte Rübenschnitzel) und eingeweichte Grünmehlpellets füttern, um das Wasser zu binden. Diese Kombination wirkt auch günstig und beruhigend auf die Magen- und Darmschleimhäute.
- Kräuter sollten immer passend zur Ursache gegeben werden. Bei Stress: Baldrian, Hopfen, Melisse, siehe Podcast #25. Für die Schleimhäute: Gänsefingerkraut, Süßholz, Tulsi, siehe Podcast #36. Zur Hilfe beim Blähbauch und Krämpfen: Anis, Fenchel, Kümmel, siehe Podcast #49.
- Gesteinsmehle- und Granulate wie Bentonit und Zeolith können unterstützend gegeben werden, wenn eine Belastung des Stoffwechsels vorliegt (Wurmkur, Medikamente)
- Oft ist es hilfreich, dein Pferd auch physiotherapeutisch oder osteopathisch zu unterstützen.
- Wenn du Hilfe bei der Ursachenforschung oder -Behebung brauchst, wende dich an einen Therapeuten.
Vicky
Hallo und herzlich Willkommen im Kraftpferd-Podcast. Heute gibt es die lang ersehnte Folge über das Kotwasser. In den sozialen Medien und auch ein Newsletter habe ich es ja schon angekündigt. Ich hab Fragen eingesammelt und über 60 Leute haben sich an der Umfrage beteiligt und es war für Tanja, die sich dann auch gleich vorstellen wird, und mich wahnsinnig spannend und wir waren begeistert wie vielfältig und ausführlich auch die Antworten waren, teilweise haben wir einiges erwartet, weil wir es aus unserer täglichen Praxis so kennen, andere Sachen waren auch für uns sehr aufschlussreich. Wir werden in dieser Folge einerseits so umfangreich wie möglich, aber auch so praxisrelevant wie möglich das Symptom Kotwasser beleuchten. Aber jetzt möchte ich erstmal sagen, Hallo und herzlich willkommen, liebe Tanja. Schön, dass du dich bereit erklärt hast, dass wir diese Folge so gestalten, denn das Kotwasser ist etwas, das uns so ein bisschen ja tief aufseufzen lässt, wenn das Thema Kotwasser bei unseren Patienten kommt. Aber erzähl doch mal du, was ist so dein Background und was ist so deine Anknüpfung zum Thema Kotwasser Liebe Tanja?
Tanja
Hallo, vielen Dank für die Einladung, Vicky. Ja so nach dem Motto halbes Leid ist geteilt ist geteiltes Leid haben wir uns zusammengetan, um diese Kotwasserfolge heute aufzunehmen. Ich bin Tanja Deinlein, die Gründerin der Reitfütterungsberatung. Ich habe Pferdewissenschaften in Göttingen studiert und habe noch parallel meinen Trainer B von der FN absolviert und generell bin ich der Meinung, dass der Schlüssel zu mehr Gesundheit und Vitalität unserer Pferde einfach in einer sinnvollen Pferdefütterung liegt. Aber da kommt einfach noch mehr dazu. Das merke ich gerade in der Praxis. Da mich auch immer wieder kotwassergeplagte Pferdebesitzer aufsuchen und dieses besprechen und optimieren wollen. Ja, also allein mit der Fütterung kriegt man es in der Regel nicht. Es gehört ganz viel Ursachenforschung und Therapie dazu und ganz wichtig ist auch ein ganzheitliches Management hinsichtlich Haltung, Training, Bewegung. Das werden wir dann im Folgenden auch noch aufgreifen. Und wie die Vicky auch schon gesagt hat, uns und mir ist es auch ganz wichtig, dass die Pferdebesitzer einfach Wissen an die Hand bekommen, das auf den Punkt ist und das sie dann auch praktisch umsetzen können. Genau um einfach dem Pferd helfen zu können und nicht irgendwie im Symptom da umher tigern.
Vicky
Ja, da hast du schon ganz mit dem Symptomdschungel total treffend angepasst. Es ist ja manchmal auch so eine Verquickung von so vielen verschiedenen Faktoren, die da mit einspielen und es ist da manchmal auch gar nicht so einfach zu gucken, was jetzt Henne und was Ei ist. War jetzt der Husten früher da oder das Kotwasser? Gerade wenn das Kotwasser nur mal so kurz auftritt, dann wieder weg ist, wie so ein glitschiger Fisch. Oder die anderen Symptome nur so ein bisschen aufflackern. Ist es wirklich nicht so ganz einfach. Aber magst du nochmal kurz erzählen, was ist denn Kotwasser überhaupt?
Tanja
Also Kotwasser wird an sich definiert als das Absetzen von Flüssigkeit aus dem Darm. Dieses „Wasser“ ist nicht nur Wasser, sondern Darmsekret das kann Speichel beinhalten, Magen- und Dünndarmsekret oder auch Sekrete der Bauchspeicheldrüse. Und alles zusammen nennt man einfach Wasser. Und das kann eben auftreten während das Pferd äppelt, danach oder vor dem Absetzen oder einfach nur als freies Kotwasser. Die Pferde können aber müssen nicht aufgegast sein. Und ganz wichtig zu unterscheiden ist auch, ob das Pferd Kotwasser hat oder Durchfall beziehungsweise breiige Äpfel. Wir reden hier wirklich von Kotwasser, wenn es es wirklich Durchfall ist, dann muss man in dem Tierarzt oder einen Therapeuten zuwenden. Mit Durchfall ist nicht zu spaßen. Und bei Kotwasser spricht man auch davon, dass wenn es länger als 2 Wochen am Stück aufgetreten und jeden Tag auch Kotwasser da ist und man waschen muss. Also das ist wirklich so die Definition: tritt es länger als 2 Wochen auf sollte man auf jeden Fall etwas unternehmen und, wenn man das Pferd jeden Tag waschen müsste an den Hinterbeinen.
Vicky
Und es ist ja auch wieder manchmal so, so spannend, das zu beobachten. Und dann über diesen längeren Zeitraum auch zu verfolgen. Ja, wie geht’s denn diesem Pferd? Denn manchmal ist Kotwasser auch irgendwie „normal“, wie beim Anweiden und Abweiden, oder bei Futterveränderung. Da sagt man, ja gut, das ist ja echt nicht dramatisch, wenn da mal zusätzlich ein bisschen Kotwasser mit abgeht, damit hat das Pferd ja in der Regel auch keinen Stress und ich glaube der Besitzer jetzt auch nicht.
In der Umfrage haben viele Besitzer gemeint, dass sie glauben, ihr Pferd habe damit gar keinen Stress – sie dafür aber umso mehr. Und das wirft natürlich Fragen auf, wie sehr Kotwasser so ein Pferd beeinträchtigt. Ich hatte auch bei meinen drei Pferden noch nie Probleme mit Kotwasser. Eine Stute hatte zwar Darmprobleme mit Durchfall und einem Blähbauch aber auch da kein Kotwasser. Deshalb fällt es mir schwer, das auch nachzuempfinden wenn ich dann bei Patienten bin, gerade wenn es dann Richtung Winter geht. Die Besitzer sind dann oft verzweifelt. Sie wissen, dass es für das Pferd nichts lebensbedrohliches ist, im Gegensatz zu anhaltendem Druchfall der Elektrolyte und Nährstoffe ausschwemmt und vorallem bei kleinen Pferden oder Ponies schnell dramatisch werden kann. Die Verzweiflung ist aber deshalb so groß, weil die Besitzer merken, dass etwas nicht stimmt, aber sie oft nicht darauf kommen, was es ist. Und ich glaube, dass das ein Teufelskreis ist, der dieses Ping-Pong zwischen Mensch und Pferd auch anheizen kann. Der Besitzer fängt an, mit das Pferd nur noch mit Argusaugen zu betrachten und ich denke, dass ist oft auch ein Stressor für alle Beteiligten, ebenso wie das häufig nötige Waschen. Und das Kotwasser kommt ja auch leider selten allein.
Um also zu den möglichen Auslösern von Kotwasser zu kommen beginnen wir mit dem Stress. Der kommt als Auslöser sehr weit oben auf der Liste.
In der Umfrage haben viele Besitzer angegeben, dass sie glauben, dass sich ihr Pferd in der Herde wohl fühlt und bei diesem Punkt waren wir sehr überrascht weil wir das so nicht erwartet hatten. In einer Studie wurde nämlich herausgefunden, dass das Phänomen von freiem Kotwasser bei Freizeitpferden wahrscheinlich die Haltungsumgebung oder der soziale Stress einer der Haupteinflussfaktoren sein soll. Was hast du dabei bisher beobachtet?
Tanja
Im Umfeld und im Management ist Stress oft hausgemacht. Da muss man sich wirklich auf die Lauer legen und schauen, wo und ob das Pferd Stress hat: in der Herde, im Umfeld, in der Bewegung, im Management, im Training allgemein. Wir sind uns schon einig, dass mein Pferd zum Beispiel beim Verladetraining, das es noch nicht kennt, für den Moment oder noch einen Tag danach Kotwasser hat, dann ist die Verbindung leicht herzustellen. Aber bei dauerhaftem Kotwasser ist das oft nicht so leicht herauszufinden, auch für uns Therapeuten, wenn wir in den Stall gehen. Oft ist es ja auch so, dass in der Zeit, in der wir vor Ort sind die Herde ruhig ist und alles gut ist. Und da findet man den Auslöser dann nicht. Da benötigen wir dann die Hilfe des Pferdebesitzers, der sein Pferd beobachten muss um zu schauen, ob da doch Stress herrscht und wenn ja, warum.
Vicky
Es gibt ja so viele Anzeichen für Stress. Die reißen wir mal kurz an: Als erstes kommt die Rangordnung. Sowohl ranghohe als auch rangniedrige Pferde können gleichermaßen betroffen sein. Also es gibt auch nicht dieses eine Pferd, das aller Wahrscheinlichkeit nach Kotwasser haben könnte. Und das haben auch die Antworten in der Umfrage gespiegelt, dass alle Altersgruppen, alle Sozialstufen, egal ob jetzt der Herdenchef oder nicht, davon betroffen sein können. Weil das Pferd als Individuum so umgebungsreaktiv ist und dass es sein kann, dass ständige Fluktuation das Pferd massiv unter Stress setzt. Also ich glaub das ist so in aus meiner Erfahrung mit einer der größten Punkte, dieses sich nicht sicher fühlen, was ja immer Stress auslöst. Es ist auch egal, ob das jetzt 3 Pferde sind oder 30 Pferde in der Herde. Das ist wirklich eine super individuelle Geschichte. Für manche ist vielleicht 3 Pferde einfach zu unsicher, weil sie einfach eine große Herde aus ihrer Evolution heraus gewöhnt sind. Eine Shettyherde oder Islandpferdeherde, die waren nicht zu dritt unterwegs wahrscheinlich, sondern waren einfach in einem Pulk unterwegs. Da einfach noch mal aufs Pferd zu gucken.
Du hast vorhin schon Stress aus dem Training angesprochen. Hier ist es oft hilfreich, das mit dem Kotwassertagebuch zu überprüfen – wann hat sich das Kotwasser denn eingeschlichen? Ich finde es da immer ganz praktisch, durch die Handykamerabilder zu scrollen. Meistens fotografiert man ja, wenn etwas auffällig ist. Und wenn da dann ein weicher Pferdeapfel oder ein Kotwasserpopo dabei ist, hat man einen guten Ansatzpunkt.
Du bist ja selbst als Trainerin unterwegs, hast du da schon Auffälligkeiten erlebt?
Tanja
Ja. Viele Pferdebesitzer meinen es ja gut damit, ihren Pferden Abwechslung und ein abwechslungsreiches Training zu geben. Ich sage auch, das beste Training ist durchaus abwechslungsreich – aber im Rahmen. So, dass es mein Pferd auch verarbeiten kann. Es bringt nichts, wenn ich an einem Tag Schrecktraining mache und das Pferd absolut verunsichere und am nächsten Tag dann mit dem Clickertraining weitermache, am dritten Tag dann Verladetraining ansteht und ich dann an Tag vier versuche, entspannt ins Gelände zu reiten. Das sind zu viele Stressoren, die das Pferd gar nicht verarbeiten kann. Abwechslung ist in Ordnung, aber der Rahmen muss stimmen. Das Pferd muss innerlich schon wissen, was von ihm erwartet wird und man sollte es diesen extremen Reizen einfach nicht jeden Tag aussetzen. Routinen und weniger Abwechslung bringt Pferdebesitzer und Pferde oft schnell wieder mehr in die Balance, sagen wir das mal so.
Vicky
Ich finde es klasse, dass du das so ansprichst. Ich habe oft auch das Bauchgefühl, dass oft Stress bei der Arbeit mit dem Pferd mitschwingt und sich in den Alltag zwischen Pferd und Mensch einschleicht. Auch bei übergewichtigen Pferden ist es oft so, dass da ein Trainingsplan strikt abgearbeitet wird und da schnell ein bisschen die Leichtigkeit fehlt.
Tanja
Und du hast ja vorhin schon die Sicherheit angesprochen, in der Herde zum Beispiel. Dann kann auch im Training und bei neuen Aufgaben auch Stress dabei sein. Aber eben im Rahmen Und es sollte ja so sein, dass die Pferde so trainiert werden, dass sie darauf positiv konditioniert sind.
Vicky
Ja, total. Dieser kurzfristige Stress und positive Stress, der ist ja auch beflügelnd, der regt ja auch Glückshormone an. Es sind ja nicht immer nur so die bösen Hormone, sondern das sind ja auch immer ganz viele Faktoren. Dass man dann das Pferd entsprechend seinen eigenen Bedürfnissen oder seinen eigenen Fähigkeiten auch entsprechend mitnimmt.
Tanja
Was ich noch hinsichtlich Stress auch beobachtet habe ist, dass Kotwasser theoretisch auch nur zwei oder drei Mal am Tag abgesetzt von einem Pferd. Das ist vielleicht auch noch ein Punkt. Wenn wir uns vorstellen, ein Pferdebesitzer kommt jeden Tag nach der Arbeit abends in den Stall und muss dann sein Kotwasserpferd waschen. Dann weiß er trotzdem nicht, wann dieses Kotwasser abgesetzt wurde. Es kann sein, dass sich das Pferd in der Herde wohlfühlt, aber zu den Fütterungszeiten gestresst ist, wenn zum Beispiel die Heufütterung ansteht. Egal, ob in der Box oder im Offenstall. Vielleicht stresst es auch der Traktor, der das Heu bringt. Das ist dann einfach Ursachenforschung.
Vicky
Und dann macht es eben Sinn, sich auch wirklich so ein bisschen über den Tag verteilt mal auf die Lauer zu legen und dann vielleicht auch mal den Stallbesitzer zu fragen. Ich habe ja das Glück, dass ich die Pferde am Haus habe, da kann ich sie super gut beobachten. Also ich hatte auch mal ein Einstellerpferd mit starken Kotwasser und da habe ich auch schon bestimmte Verquickungen gesehen, wann das Kotwasser tatsächlich auftritt.
Tanja
Wir wollen ja einfach Ideen geben, wo man suchen kann. Ich glaube, das Thema Stress ist sehr vielseitig und vielschichtig und das sollte sich auf jeden Fall jeder mal damit beschäftigen, um da im besten Falle auch einfach einen Haken dran zu machen. Hat das Pferd Stress oder nicht. Um dann geht es zum nächsten Punkt auf unserer Checkliste, kann man diesen auch abhaken zu oder nicht, um zu sehen, wo man ansetzen kann. Und das wäre als nächstes die Mangelernährung.
Bei einer Mangelernährung stellt sich jeder ein zu dünnes Pferd vor. Aber auch normal aussehende oder zu dicke Pferde können mangelernährt sein. Sie können zu wenig Kohlenhydrate, zu wenig Proteine, Mineralstoffe oder Vitamine bekommen. Da steckt natürlich vom Pferdebesitzer oft keine Absicht dahinter. Aber ein unpassendes oder unterdosiert verfüttertes Mineralfutter kann schon dafür sorgen, dass sich so ein Mangel über die Zeit einschleicht und durchaus der Auslöser für Kotwasser werden kann.
Derzeit treten ja auch immer häufiger niedrige Eiweißwerte im Heu auf. Dazu kommt, dass in den Wintermonaten immer mehr Besitzer das Heu bedampfen oder waschen, weil wir immer mehr Hustenpferde haben. Und viele Besitzer wissen nicht, dass beim Bedampfen auch Vitamine und teilweise auch Proteine verloren gehen. Und dann kann es halt passieren, dass das Pferd einfach zu wenig Proteine bekommt.
Vicky
Die Mikroflora braucht ja auch bestimmte Nährstoffe, um gut arbeiten zu können. Das ist wie bei uns Menschen: wir brauchen eine Nahrungsgrundlage und eine gewisse Vielfalt in unserer Nahrung für diese positive Mirkoflora. Und ich merke auch häufig bei Pferden, die strikt auf Diät gesetzt werden, dass da das Gesamtbild oft nicht berücksichtigt wird. Da frage ich mich dann, ob es nicht Sinn macht, ab und an mal eine Hand voll Hafer oder Haferflocken zu füttern, damit die Darmflora auch ein Stück weit angereichert wird. Was meinst du dazu?
Tanja
Ich würde zuerst auf das Mineralfutter schauen, ist da wirklich genügend drin. Gerade, wenn ich ein atemwegserkranktes Pferd habe, bei dem die Schleimhäute angegriffen sind. Die brauchen, um sich zu regenerieren einfach Vitamine. Wenn ich dann auch noch das Heu bedampfe, verliert es dadurch an Vitamingehalt, also muss ich auf jeden Fall schauen, dass mein Mineralfutter ausreichend mit Vitaminen angereichert ist.
Es kann natürlich wiederum auch so sein, dass das Pferd zu viel von etwas aufnimmt. Zu viele Mineralstoffe, zu viele Vitamine. Auch das passiert meist nicht absichtlich. Aber wenn ich Müsli XY füttere, das bereits mineralisiert ist und dann noch Mash Y füttere, das auch noch alles drin hat und zusätzlich ein super Mineralfutter gebe. Dann kann es schnell sein, dass das Pferd einfach zu viel am Tag aufnimmt und diese Multimineralisierung das Kotwasser auslöst. Da hat man dann ein bisschen das Gefühl, dass das Pferd dieses „zuviel“ einfach wieder Ausscheiden möchte durch das Kotwasser.
Vicky
Da kommt dann der gesunde Menschenverstand ins Spiel. Wenn wir in die Ställe gehen und in die Futterkammern gucken und zuhause dann unsere Therapiekonzepte schreiben und die ganzen Futtermittel aufrufen, die gefüttert werden, denkt man schon darüber nach, ob das Pferd vielleicht nicht einfach einfach alles ausschwemmen möchte, weil es das alles gar nicht mehr verdauen kann. Klar, unsere Pferde sind auch auf den Wiesen und da gibt es auch eine gewisse Nahrungsvielfalt aber im Großen und Ganzen fressen sie dort einfach Gräser, einige Kräuter, vielleicht mal eine Rinde oder eine Wurzel. Aber keine Sojaflocken.
Tanja
Und da hilft es oft auch wirklich, wenn sich der Pferdebesitzer auch mal fragt: Was kann mein Pferd nicht verdauen?
Neben der Ursachenforschung sollte man sich auch anschauen, ob das Pferd ausreichend bewegt wird, wenn es Kotwasser hat. Ist vielleicht zu wenig Bewegung Grund für das Kotwasser? Und da sprechen wir auch nicht nur von Pferden in Boxenhaltung. Wir haben in allen Haltungsformen Kotwasserpatienten und ich denke, die Mangelbewegung wird oft unterschätzt. Die Darmperistaltik oder auch das Schwitzen wird benötigt, damit der ganze Organismus funktioniert. Wenn zu viel Wasser im System ist und dadurch nicht ausgeschieden werden kann, kommt es halt als Kotwasser raus. Gerade die Rassen wie Norweger oder Freiberger, die eigentlich eher „wenig“ brauchen sind trotzdem auf viel langsame Bewegung gezüchtet. Also viel Schritt und viel Trab. Aber wer von uns macht denn den großen Wanderritt oder reitet oder bewegt das Pferd mehr als eine Stunde am Tag?
Vicky
Wenn wir uns dann noch parallel die Pferde anschauen, die vielleicht auch noch über- oder untergewichtig sind oder auch ältere Pferde, bei denen die Bewegungslust unter Arthrose leidet. Bei diesen lässt diese Bewegungslosigkeit den ganzen Organismus erschlaffen.
Dass diese Bewegungslosigkeit da den ganzen Organismus erschlaffen lässt. Gegen die Mangelbewegung hilft also eine Bewegungstherapie aus Schritt- und Trabeinheiten. Würdest du das bei einem Kotwasserpatienten einbauen?
Tanja
Ja, würde ich auf jeden Fall ausprobieren im entsprechenden Rahmen. Es kann natürlich auch sein, dass das Pferd durch das Kotwasser extrem Bauchweh hat oder die Muskulatur sich schon so zu stark zusammengezogen hat. Da muss man vielleicht noch mal anderweitig schauen, dass es sich erstmal löst und lockert, aber ich würde wirklich versuchen, über eine langsame, kontinuierliche Bewegung zu schauen, ob es sich dadurch verbessert und sich das Gemüt vom Pferd verbessert.
Vicky
Da würde ich dann auch fast aus osteopathischer Sicht gleich mal mit Reingrätschen. Also auch hier zu gucken und aufmerksam zu spüren. Und das gebe ich auch meinen Pferdebesitzern immer mit, sich wirklich mal ein Gefühl für das Gewebe und vor allem auch die Bauchdecke zu verschaffen. Sich wirklich mal reinzuspüren in die Muskulatur, in die oberflächlichen Faszien, also alles, was man so von außen betasten kann und mal zu spüren: fühlt sich alles weich, geschmeidig, dynamisch an oder ist es jetzt einfach so, dass der Bauch sich wieso eine Kugel aufspannt und das Pferd sich auch wegen dieses Blähbauchs gar nicht richtig bewegen kann oder möchte, weil es einfach super unangenehm ist? Dementsprechend natürlich auch zu gucken, woher kommt dieses Unwohlsein im Bauch, denn noch hat es irgendwo Bewegungseinschränkungen in den Strukturen. Die Bänder und Sehnen des Verdauungsaufhängeapparates sind ja auch im Lendenwirbelsäulenbereich. Die Organe sind entlang der Bauchdecke und des Bauchfells angeheftet und hängen da dran. Und dadurch kann es nicht nur im Rücken sondern auch in der Tiefe zu Verspannungen kommen. Das kann auch durch einen Schock oder ein Trauma passieren Wenn das Gewebe und auch das Nervensystem in eine Schockstarre gekommen ist, kann es sich nicht mehr in seiner Umgebung zurechtfinden weil es entweder in einem Flucht- oder Erstarrungsmodus ist. Da kann man sich gut vorstellen, dass auch die Darmperistaltik nicht mehr so funktionell ist, wie sie eigentlich hätte sein sollen und es gar nicht mehr dazu kommen kann, dass das Pferd gut verdaut. Natürlich überlebt es damit, aber es geht auch um die Qualität der Verdauung und darauf würde ich auch schauen lassen und einen Osteopathen oder anderen Therapeuten mit dazu zu holen, um auch körperlich zu schauen, was das Pferd daran hindert, gut zu verdauen.
Tanja
Genau, dann kann man auch schon mal ausschließen, ob auf körperlicher, struktureller Ebene ein Problem vorliegt und dadurch das Kotwasser entsteht. Da kann man dann den nächsten Haken setzen oder schauen, ob es besser wird oder ganz verschwindet. Vor allem wenn man schon ewig viel getestet hat mit der Fütterung und mit Kräutern und dieses und jenes und dann würde vielleicht auch einfach ein Termin beim Osteopathen viel weiter helfen.
Vicky
Das kann gut sein, also gerade beim Stichwort Kastrationstrauma würde ich schauen, diese Bereiche auch nicht zu unterschätzen. Ich glaube auch deshalb sind Wallache überdurchschnittlich oft von Kotwasser betroffen. Das aber nur am Rande.
Tanja
In unserer Umfrage waren über 50% der Kotwasserpatienten Wallache, der Rest Stuten und nur 1% Hengste. Das könnte natürlich daran liegen, dass es bei den Wallchen in die Richtung Kastrationstrauma geht und bei Stuten auf hormonelle Probleme hindeutet. Das muss man dann einfach individuel abklären, wenn man beispielsweise das Gefühl hat, dass das Kotwasser in der Rosse aufritt.
Der nächste Punkt auf der Checkliste wäre es, die Zähne kontrollieren zu lassen. Das siehst du glaube ich genauso, dass die Ursache gleich im vorderen Teil des Verdauungstraktes also in der Maulhöhle liegt und da auch Schmerzen und Leid entstehen können.
Vicky
Manchmal liegt das Problem bei Zähnen, Kiefern, dem ganzen Schluckapparat auch sehr in der Tiefe, sodass ein Röntgenbild oder ein MRT nötig werden. Weil oft von außen nicht ersichtlich wird, wo in der Maulhöhle oder in den Zahnwurzeln Entzündungen vorliegen. Manchmal ist es auch einfach ein Stück Heu, dass sich in die Maulschleimhaut gebohrt hat und es dann vor sich hin eitert. Und da ist es dann auch egal, ob das Pferd vor drei Monaten erst beim Zahnarzt war, sowas kann einfach sehr schnell gehen und der jährliche Check beim Zahnarzt reicht da manchmal nicht aus. Ich habe auch das Gefühl, dass wenn Pferde Zahnschmerzen haben, sie das so gut wie nie anzeigen. Es ist mir schon häufig untergekommen, dass man sich im Endeffekt wundert, dass die Pferde bei manchen Problemen überhaupt noch essen können und dann „nur“ mit Kotwasser reagieren. Insbesondere bei der Kombination Kotwasser und weniger Fressen würde ich da genau hinschauen.
Magengeschwüre und Magenschleimhautreizungen sind dann ja auch oft eine Konsequenz aus solchen Problemen und führen dann auch wieder zu Schmerzen und Veränderungen in der Mikroflora. Es gibt ja nur selten isolierte Probleme. Wir haben den Magen, den Dünndarm und den Dickdarm und diese Abschnitte können wir uns einzeln anschauen aber letztlich ist es ein gesamter Organismus, der sich in Balance bringen möchte. Wenn wir also vorn etwas Reinfüttern, was das Pferd nicht gut verdauen kann, dann kann das hinten raus natürlich für Veränderungen sorgen.
Auch bei Allergien kann eine Gastritis- und Magengeschwürneigung mit reinspielen, wenn die Magensäureproduktion angeregt wird. Manchmal haben Allergiker zusätzlich noch Kotwasser oder Magenprobleme. Allein durch die Folgekette der körperlichen Reaktionen: nehmen wir als Beispiel das Sommerekzem. Wenn das Pferd von einer Mücke gestochen wird und Histamin ausgeschüttet wird, wird ganz automatisch auch mehr Magensäure produziert. Und da hängt dann auch wieder der komplette Säure-Basen-Haushalt im Körper dran, wenn die anderen Verdauungsdrüsen auch Säfte produzieren und diese Magensäure wieder abzupuffern. Und mit dieser Regulierung ist dann auch die Blutbahn beschäftigt, der dann auch wieder Wasser entzogen wird parallel. Der Körper versucht also auf allen Ebenen etwas aus dem Körper herauszuschwemmen und nimmt aus allen Ebenen Wasser. Das kann also durch eine Gastritis ausgelöst werden aber wir wissen, dass Stress die Histaminproduktion grundsätzlich immer ankurbelt. Also gibt es viele Nebenschauplätze, die wir mit bedenken müssen. Zum Beispiel auch die Nieren, die Bauchspeicheldrüse, den Wasserhaushalt, die Lymphe. Das ist sehr komplex und dementsprechend macht es keinen Sinn, einfach nur ein Supplement zu geben, das Kotwasser als Symptom abdeckt.
Tanja
Ja, ich wollte es noch dazu sagen um es den Hörern bewusst zu machen, dass Kotwasser meist die Ursache nicht im Dickdarm hat, wo man eigentlich vermutet, dass das Wasser nicht gut gebunden wird. Relativ sicher liegt das Problem aber weiter vorne, im Magen, der Bauchspeicheldrüse oder dem Dünndarm.
Tanja
Jetzt hat der Pferdebesitzer der Kotwassergeplagte Pferdebesitzer einmal alles durchgearbeitet. Wir empfehlen immer auch einen Kotwasser-Tagebuch zu führen, auch im Hintergrund mit der Checkliste, um zu sehen, was ist die Ursache, wann hat mein Pferd Kotwasser, liegt es an dem Futterwechsel, wie sah die Bewegung an dem Tag oder in der Woche aus und auch, was immer ganz unterschätzt wird, wie trinkt mein Pferd, trinkt es im Sommer anders als im Winter oder über den Tag verteilt, trinkt es lieber „warmes“ oder kaltes Wasser. Weil die Kotwasserproblematik kommt gehäuft natürlich auch in den Herbst – und Wintermonaten vor. Da kommen dann viele Faktoren zusammen, der Bewegungsmangel, die härtere Futterstruktur aber das sind Dinge, die man mit aufnehmen sollte. Und dann muss man sich die Zeit nehmen für sein Pferd, damit man keine Hunderte von Euro in irgendwelche Produkte investiert, die im Endeffekt nichts bringen. Es gibt nicht das eine Produkt gegen Kotwasser. Auf unserer Suche nach der Nadel im Heuhaufen müssen wir systematisch und planvoll vorgehen, aber das ist durchaus machbar.
Vicky
Es gibt ja auch immer diese „Spontanheilungen“. Aber bei Kotwasser kann man auch nicht immer von Heilung sprechen, weil wir bedenken müssen, dass sich Schleimhäute zwar grundsätzlich reparieren können, die nachwesende Schleimhaut aber nicht so funktionsfähig ist, wie die ursprüngliche. Das sollte man sich bewusst machen, wenn das Pferd schon mal Kotwasser hatte und das dann auch bei einem erneuten Auftauchen des Problems berücksichtigen und zu sagen, dann ist das halt so und sich nicht zu kasteien und zu denken, dass man wieder alles falsch gemacht hat. Jedes Pferd hat seine Schwachstelle, bei dem einen sind es die Atemwege, bei dem anderen der Darm oder die Hufe.
Tanja
Genau, in manchen bestimmten Situationen ist erklärbares Kotwasser durchaus als „normal“ einzuschätzen. Wenn die Phase zwischen 2 bis 6 Wochen dauert und eine Ursache hat oder eine Baustelle vorliegt, dann kann man das als Pferdebesitzer gut hinnehmen. Nicht normal darf es sein, dass ein Pferd dauerhaft über Monate und Jahre Kotwasser hat und genau dafür haben wir jetzt diese Checkliste und den Notfallplan erarbeitet. Damit wollen wir dem Pferdebesitzer ermöglichen, die Ursache zu finden oder eine Ahnung oder einen Verdacht. Und dann ist es auch okay, das Pferd mit Zusätzen zu entlasten, dass die Beine abheilen können und das Gemüt sich wieder positiv verändern kann, bis ich diese Ursache abstellen kann weil das dauert auch manchmal seine Zeit. Da gibt es dann Notfallmittelchen.
In der Regel hilft eine Kombination aus Leingranulat mit Pektinen und Grünmehlpellets. Alle drei Bestandteile sind stark wasserbindend und diese Sachen kann man eigentlich jedem Pferd füttern, außer es ist wirklich extrem übergewichtig, da würde ich tierärztliche Rücksprache halten. Aber generell hätte ich kein schlechtes Gewissen, wenn der Pferdebesitzer Leingranulat, Pektine in Form von eingeweichten Rübenschnitzeln oder in Reinform und Grünmehlpellets zu füttern. Es wird zwar beworben, dass Grünmehrpellets uneingeweicht gefüttert werden können aber ich würde sie trotzdem immer ein zumindest ein bisschen aufweichen und als Besitzer den Rest machen, wie viel sie wirklich Quellen um einer Schlundverstopfung vorzubeugen.
Tanja
Ich würde aber trotzdem sie nicht uneingeweicht füttern, sondern wirklich zumindest ein bisschen aufweichen, dass sie zwar immer noch im Darm das Kotwasser binden können und Quellen können, aber ich würde sie nicht unaufgeweicht einweichen, füttern oder zumindest als Pferdebesitzer mal den Test machen, wie viele Quellen sie denn, wenn ich da jetzt einen
Also das wäre meine Idee erstmal im Notfall als erste Hilfe. Dann gibt es ja auch noch Kräuter. Magst du da noch was dazu sagen? Also es gibt ja so adstringierende Kräuter, Kräuter die ätherische Öle enthalten. Kräuter, die ja entblähende Wirkung haben, sind meistens sie auch die Begleiterscheinung von einem kotwassergeplagten Pferd. Genau wie ist dein Vorgehen Vicky?
Vicky
Eine generelle Empfehlung zu geben ist hier natürlich schwierig, da unsere Pferde keine Wenn-Dann-Funktion sondern Individuen sind und auch ja auch immer eine andere Ursache vorliegt. Ich versuche trotzdem ein paar Themen anzusprechen.
Wenn ihr zum Beispiel vermutet, dass das Kotwasser durch Magenproblemen resultiert oder eine Reizung der Magenschleimhaut oder auch im Schlundbereich vorliegt gibt es Pflanzen, die diese Schleimhäute sehr gut unterstützen können.
Gänsefingerkraut also ist eigentlich ein besonderes Stutenkraut. Es wirkt aber auch adstringierend für die Magenschleimhaut, kann so ein Stück weit beruhigend wirken für den Moment, weil es auch wenig Bitterstoffe enthält. Also ist jetzt keine Pflanze, wo man sagt, die hat jetzt einen stark reizenden Effekt auf die Schleimhautoberfläche, also gleich die alle Pflanzen, die ich jetzt hier vorstellen werde für den Magen, haben das nicht, also die kann man auch werden mit einem Magengeschwür nach Rücksprache mit einem Therapeuten und Tierarzt, wirklich geben. Gänsefingerkraut hat auch noch mal den charmanten Effekt, dass es als Protonenpumpenhemmer wirkt. Soll heißen, es wird auch Magensäure abgepuffert, aber vor allem auch nicht so stark ausgeschüttet. Also es wirkt an der sehr intelligenten Stelle und das kann noch mal unterstützt werden mit Süßholzwurzel, ein natürliches Antihistaminikum das auch entzündungshemmend und schleimhautschonend wirkt. Und wenn man das jetzt auch noch kombiniert mit Tulsi, das ist ein ayurvedisches Kraut, das ähnliche Wirkstoffe enthält wie die Kamille, aber zusätzlich noch mal mehr auf das Hormonsystem und das Nervensystem geht, dass auch diese Schmerzempfinden ein bisschen gedämpft wird. Dieses Trio bringt dann also einerseits Ruhe in den Magen und das Nervensystem, dass das Pferd mit dem Schmerz auch besser zurechtkommt und wäre das erste, was ich probieren würde zu Beginn der Checkliste. Um zu schauen, ob dadurch schon eine Besserung eintritt, auch von der Rittigkeit her oder ganz allgemein. Wirkt es sich auf die Berührungsempfindlichkeit am Bauch aus oder ändert sich der Schmerzblick durch die Gabe, insbesondere bei Schmerzanzeichen oder Reaktionen beim Satteln oder Gurten.
Als nächstes würde ich auch bei Pferden, von denen wir denken, dass sie keinen Stress haben, einmal testweise Kräuter geben, die gelassener machen. Das könnten die typischen Silvesterkräuter sein. Da möchte ich jetzt gar nicht so in der Tiefe eingehen, da könnt ich euch die Silvesterfolge anschauen. Aber hier würde ich mich mit Hopfen, Baldrian und Melisse befassen. Oder einfach mal eine kleine Probe Baldrian bestellen. Ich habe schon beobachtet, dass nach 3 Tagen Baldrian das Kotwasser bei einer dieser „Spontanheilungen“ verschwindet. Das deutet dann laut Checkliste also auf Stress hin. Euer Pferd reagiert also auf etwas, das das Stresslevel moduliert.
Da sind wir jetzt wieder in der Psychosomatik. Ein kleines Beispiel, um auch mal zu gucken, wie Vielschichtig das ist. Also in meinen Mentoringgruppen bin ich ja auch sehr in engen Kontakt und begleite dann die Kunden über mehrere Monate, teilweise Jahre, und zum Beispiel hat eine Besitzerin ihrem Pferd Schachtelhalm gegeben. Als Seelenpflanze. Schachtelhalm ist eine sehr strukturierende Pflanze. Und damit unterstützen wir Pferde, die vielleicht auch Routinen brauchen, die einfach so ein so ein auf und ab in ihrer Umgebung vielleicht auch ein mentales auf und ab nicht so gut abkönnen. Und der Ackerschachtelhalm hat diesem Pferd Struktur gegeben. Und die Besitzerin hat schon so viel probiert und auch ich war irgendwann mit meinem Latein am Ende. Aber der Ackerschachtelhalm hat langfristig eine Änderung und Besserung gebracht.
Tanja
Weil teilweise die offensichtlichen rationalen Dinge nicht immer ausschlaggebend sind. Ja, und das ist das Schöne an unserem Job, aber auch das, was wa richtig kompliziert macht und einen fast zur Verzweiflung bringt. Wenn man da so ein Kotwasserpatienten hat und natürlich helfen möchte. Aber ich glaube das Vorgehen ist richtig gut, um einfach auch zu sehen, bin ich in der richtigen Richtung unterwegs, also liegt am Stress. Bei meinem Pferd liegt es an der fehlenden Struktur. Liegt an der Versorgung allgemein und dann zu reagieren. Dessen Schritte einzuleiten.
Wobei es auch keinen Sinn macht, wenn man jetzt zum Beispiel den Hopfen als Dauergabe Durchfüttert und die Ursache nicht bekämpft, abstellt oder zumindest mindert, dass das Kotwasser sich auch nur noch ab und zu vielleicht zeigt.
Vicky
Ja, eben. Und dann heißt eben, die richtigen Schritte zu gehen und zu gucken natürlich, wäre jetzt ein Stallwechsel entweder das Allererste oder das Allerletzte. Das kommt ein bisschen drauf auf die Situation an. Aber manchmal muss man dann auch unangenehme Entscheidungen treffen und etwas ändern und nicht einfach nur Futtermittel XY kaufen. Das hat viel mit Selbstreflektion des Besitzers zu tun, auch ein Stück weit das Zepter selbst in die Hand zu nehmen. Und dann geht man auch einfach mal los, schickt eine Kotprobe an das Labor, schaut sich das Heu an und wenn man dort dann Mängel feststellt, kann es natürlich sein, dass das Pferd durch Schimmel-, Hefepilzen oder anderen Erregern belastet ist, die dann bei mir in der Bioresonanz auch aufploppen.
Das ist aber glaube ich gerade vor allem bei den Durchfällen relevant. Das möchte ich vielleicht noch mal kurz erwähnen, weil das auch oft mit rein spielt:
Bei den Kräutern gibt es antibakterielle oder antimykotische Kräuter, da denke ich jetzt zum Beispiel gerade an Kapuzinerkresse, Cistrose und Dost. Das sind die 3 Pflanzen, die ich empfehle, wenn man sagt, man hat wirklich eine sehr schwankende Heuqualität. Vielleicht noch Gesteinsmiete dazu. Um da einfach den Körper insgesamt ein bisschen zu entlasten.
Tanja
Wenn ich den Verdacht habe oder wenn ich den Test gemacht habe, dass mein Pferd Sand im Darm haart, gibt es unter anderem den Flohsamenschleimkur. Ich kann das „mit Hilfe“ probieren oder Hefen probieren, entweder Bierhefe, Biertreberhefe oder Lebendhefe. Aber grundsätzlich würde ich mich als Pferdebesitzer mich an die Herstellerangaben halten und die Dauergabe von solchen Produkten vermeiden, weil das alles nur Ursachenbekämpfer sind, die mich auf den richtigen Weg leiten. Und auf keinen Fall irgendwelche Experimente machen, also alles zusammen zu geben oder höher zu dosieren.
Weniger ist mehr, also weniger ausprobieren, mehr auf seinem Pferd hören und mehr beobachten und dann entweder alleine das Zepter in die Hand nehmen und sagen, OK, das ist das Thema von meinem Pferd und daran möchte ich arbeiten oder mir wirklich dann auch einen Therapeuten an die Hand nehmen, der da mehr Erfahrung hat und dann da einen Plan entwickeln.
Wir wollen hier keine Experimente und ausprobieren, weil dafür kann man googeln und in irgendwelchen Foren lesen, aber wir wollen wirklich, dass jeder auf sein Pferd achtet, schaut und dass es ihm besser geht und die Lebenskraft, vor allem also die Lebensfreude, vor allem wieder zurückbringt, weil Kotwasser belastet einfach das Pferd sowie den Besitzer.
Vicky
Total. Und da heißt eben auch wieder zu gucken, dass wir eben nicht nur, und das haben wir ja schon immer wieder herausgestellt, dass es eben nicht nur um den Darm geht, sondern die ganzen anderen Organe und das Pferd so als Ganzes anguckt und dann sich nicht immer nur auf diesen vermaledeiten Darm jetzt einfach fokussiert, sondern auch mal guckt. Ja, wie geht es in den Nieren, wie geht’s denn also gerade bei Kotwasser? Da denke ich auch ganz stark an die Bauchspeicheldrüse oder die Leber, die ja auch für die Verdauungsleistung mit verantwortlich sind.
Tanja
Ich glaube, dass wenn Pferde eine solide, gute Grundfütterung haben, ist schon mal viel gewonnen. Dann kann schon mal wenig im Körper, im Verdauungstrakt und den Organen „schieflaugen“. Wenn ich hinsichtlich der Fütterung etwas ausprobieren, dazufüttern oder weglassen möchte, dann muss ich planvoll und systematisch vorgehen. Es bringt nicht, alles wegzulassen oder zu verändern. Immer Eins nach dem Anderen und mit zeitlichem Abstand, sonst sehe ich nie, was welchen Effekt gebracht hat. Das ist ganz wichtig und das dauert einfach. Es braucht Zeit und deswegen auch das Kotwassertagebuch. Und das ist anstrengend und man muss tief gehen und es nicht schön, aber es lohnt sich.
Vicky
Und ich spreche da auch aus meiner Erfahrung als Produkthersteller oder als Futtermittelhersteller. Ich habe ganz am Anfang, als ich meine Kräutermischungen entwickelt habe, die hieß Schottendicht, einfach nur mal 50 Kilo mischen lassen. Man könnte sich jetzt mit Kotwasserpräparaten oder sowas echt dumm und dusselig verdienen, sage ich wie es ist. Und es ist auch alles irgendwie gerechtfertigt. Ich habe aber bewusst diese Kotwassermischung nicht an den großen Markt gebracht, obwohl die wahnsinnig gut funktioniert hat. Sie hat kurzfristig wirklich das Kotwasser gestoppt, das ist schon mega, was Kräuter da auch bewirken können. Also ich möchte jetzt nicht die Rezeptur im Einzelnen verraten, aber es waren schon sehr zusammenziehende Kräuter, aber das ist ja nicht die Lösung, das ist es ja nicht, was wir ganzheitlich machen wollen. Es kann aber für den Moment vielleicht mal sinnvoll sein, um da auch mal den Darm etwas zu entlasten, keine Frage. Oder auch bei den Futtermitteln, ich meine ich habe ja das Mikrobiompaket entwickelt, da konnte er einfach mal auf die Seite gucken ob die Beschreibung, da habe ich auch die Gründe hinterlegt.
Viel spannender fände ich, wenn wir jetzt vielleicht noch auf 23 Fragen eingehen, die uns in der Umfrage auch gestellt wurden.
Tanja
Wetterwechsel war auch ein großes Thema. Dass viele geschrieben hätten, sie bemerken bei Wetterwechsel Kotwasser, teilweise auch in Verbindung mit Husten. Magst du da noch was dazu sagen, wie du es dir erklären kannst, Vicky?
Vicky
Ja, also Kreislauf und Wetterumschwünge hängen ja wieder stark mit der Darmperistaltik zusammen. Also wenn das Herz-Kreislauf-System nicht gut funktioniert bei Wetterwechseln wie jetzt im Frühjahr bei den Temperaturschwankungen und gerade älteren Pferden, dann wirkt sich das automatisch auf die Darmperistaltik und dann auch das Kotwasser aus. Da nützt es dann nichts, dass Kotwasser zu bekämpfen sondern den Kreislauf zu unterstützen, zum Beispiel mit Weißdorn.
Tanja
Da muss ich mein Pferd einfach kennen, wenn ich weiß okay, seine Baustelle ist der Wetterwechsel. Dann kann ich vorschauend unterstützen, ohne dass ich jetzt ein Produkt brauche.
Wir hatten auch ein Thema, dass von 18 Pferden in einer Herde und der gleichen Haltungsform fünf Pferde massive Probleme mit Kotwasser haben. Die Pferde bekommen 24/7 Heu, Kraft-, Mineral- und Zusatzfutter werden individuell vom Pferdebesitzer gegeben. Das spiegelt gut wieder, dass das Umfeld für alle gleich ist aber trotzdem fünf Pferde entweder Probleme mit dieser Haltung, der Rangordnung oder dem individuellen Futter haben. Das entweder die Versorgung mit Mengenelementen, Spurenelementen, Eiweißen, Vitaminen nicht stimmt oder die Konstellation der Pferde nicht passt. Das zeigt dann, wie wichtig es ist, gut zu differenzieren.
Was meint Ihr, haben Pferde mit Kotwasser Schmerzen, Unwohlsein? Ja, definitiv würde ich so sagen.
Vicky
Total. Ich möchte auch ganz kurz was vorlesen, das schreibe ich in fast jedes meiner Therapiekonzepte. Jetzt muss ich mal kurz gucken, dass ich die Passage finde. Inzwischen ist ja allgemein bekannt, dass ein gesunder Darm in engem Zusammenhang mit einem gesunden Immunsystem steht und dass ein gesundes Immunsystem sich auch besser gegen krankmachende Faktoren wehren kann. Ja, das ist nochmal von der anderen Seite betrachtet. Und ich möchte jetzt ja an dieser Stelle auch noch mal ganz kurz auf den Vagusnerv oder das Nervensystem eingehen. Wir wissen, dass der Vagusnerv als Darmhirnachse gilt und der verbindet den Verdauungsapparat mit dem Gehirn, also Unwohlsein, Schmerzen, also diese ganzen Sachen haben immer automatisch einen Einfluss auf den Darm und nicht umsonst wird der Darm als Wiege der Gesundheit und auch als Sitz des Wohlbefindens in der TCM bezeichnet. Das Wohlbefinden und Darmliebe geht durch den Magen, wenn sich diese ganzen Sprichwörter auch anguckt. Also ich glaube, dass wir haben jetzt auf so vielen Ebenen schon gesagt, dass ein Darmsymptom, egal ob Kotwasser oder Durchfall, mit Sicherheit immer mit einem Unwohlsein verbunden ist. Ja, definitiv.
Tanja
Ich hoffe wir konnten euch viele wichtige Infos für euer Pferd mitgeben. Bleibt dran, es lohnt sich, zum Wohle eures Pferdes. Ihr macht das ja für euer Pferd und vielleicht auch für euren Geldbeutel, aber hauptsächlich für euer Pferd. Und genau hat Spaß gemacht, wenn noch Fragen sind, gerne melden.
Vicky
Wie Sie schon gesagt hat, ich kann mich da nur anschließen. Es ist einfach vielleicht manchmal frustrierend, aber die Reise lohnt sich und ich glaube, ihr werdet euer Pferd auch noch mal ganz besonders kennenlernen, wenn ihr da noch mal in der Tiefe guckt. Und Symptome sind einfach Symptome, die sollten wir angucken. Es geht aber darum, dem Pferd in die Augen zu blicken und zu gucken, wie geht es dir. Wie geht es uns. Um das große Ganze im Blick zu behalten.
Tanja, vielen Lieben Dank, dass wir hier auf diese Folge gemeinsam angesprochen hatten. Ich hatte echt so Bammel vor dieser Folge. Ganz ehrlich, wir haben da uns auch wirklich Zeit genommen da zu recherchieren das alles noch mal zusammenzutragen.
Wir haben mit Sicherheit den einen oder anderen Aspekt vielleicht auch vergessen. Ich weiß es nicht, aber ich glaube, die relevantesten Punkte aus unserer Sicht sind da jetzt gut abgedeckt und die Liste darf ja auch weiterhin wachsen. Aktualisierungen kann es durchaus geben und ja, Tanja, Ich glaube, wir haben uns zu nicht zuletzt gehört, wir sehen uns ja sowieso privat auch immer wieder und im Kollegenaustausch, da finde ich es so so schön, dass man sich da gegenseitig unterstützen und dann auch Erfahrungen austauschen kann. Genau, ja herzlichen Dank und Danke auch fürs Zuhören. Leitet diesen Podcast auch gerne und diese Folge weiter an andere, die Kotwasser betroffen sind, denn ihr habt jetzt mitgekriegt, dass Kotwasser sich auch als Symptom auf viele andere Symptome übertragen lässt. Ihr habt ja manchmal diese Folgeketten auch gehört, wie Histamine, Allergien, wie das alles miteinander zusammenspielen kann und dass das Kotwasser auch stellvertretend. Stehen kann für Husten, dass da manchmal vielleicht ähnliche Aspekte mit berücksichtigt werden können. Ja, und dann möchte ich an dieser Stelle sagen, Danke und bis zum nächsten Mal.